Es ging immer nur um Liebe (aus dem Englischen von Marie Isabel Matthews-Schlinzig) ist das Debüt des britisch-ugandischen Autors Musa Okwonga. Der autofiktionale Roman, erschienen im mairisch Verlag, erzählt vom Leben in Berlin, von Rassismus, Bisexualität und Homophobie, der Arbeit als Schriftsteller, Trauer und Depression – und natürlich der Liebe.
„Alle fragen dich das. Du reagierst lässig – du seist hierhergekommen, um vier Dinge zu tun: tagsüber zu schreiben, abends deine Freund*innen zu treffen, dich zu verlieben und verliebt zu bleiben. Aber das ist nicht der eigentliche Grund. Du bist hierhergekommen, um zu verschwinden. Während der ersten paar Monate in Berlin bist du weitgehend unsichtbar oder wenigstens so unsichtbar, wie es ein Schwarzer Mann mit dunkler Haut in einer überwiegend weißen Stadt sein kann. Die Farben deiner Kleidung imitieren jene der Stadt: Beton, Asphalt, Gips. Du möchtest so bemerkenswert wirken wie das Kopfsteinpflaster.“
Der Text ist geprägt von einem Gegensatz, von der Grausamkeit sich selbst gegenüber und der Fürsorge für andere. Okwonga ist bereits Anfang vierzig, seine Versuche zu schreiben haben bisher ins Nichts geführt. Er erzählt von den ständigen Selbstzweifeln, den Vergleichen mit erfolgreicheren Freund*innen und Kolleg*innen, dem sich nicht gut genug fühlen und den Geldsorgen. Seine Einsamkeit und Depressionen werden durch alltäglichen Rassismus und die Furcht vor Homophobie weiter befeuert. Sein Leben ist gekennzeichnet von Angst, wie es sein Therapeut später zusammenfassen wird, eine Angst, die er ihm – und damit auch den Leser*innen – zu nehmen versucht.
Nicht nur der Inhalt des Textes ist queer, auch formal zeichnet er sich in mehrerlei Hinsicht durch Queerness aus – unter anderem auch durch die konsequente Du-Perspektive. Sie lässt die Grenze verschwimmen zwischen dem Selbstgespräch, welchem man als Leser*in lauscht, und der Perspektive der*des Angesprochenen. Wenn also Okwonga seinen Weg zur Selbstakzeptanz beschreibt, spiegelt das den Weg der Lesenden wider: Die wachsende Empathie für die Stimme, der sie lauschen, ist gleichbedeutend mit einer wachsenden Empathie für sich selbst.
Es ging immer nur um Liebe ist mehr als ein fiktionaler Roman, der Text bewegt sich tänzelnd zwischen verschiedenen Genres. Denn die Geschichte liest sich ebenso wie ein Ratgeber beispielsweise über das Leben mit einem Migranten-Körper in Berlin und über die andauernde Trauer über den Verlust des eigenen Vaters in jungen Jahren. Die oft kurzen Kapitel des Romans haben etwas von einer Vignette, von einem Essay. Und schlussendlich ist die deutsche Übersetzung in einer geschlechtergerechten Sprache geschrieben, die eine eindeutige Bestimmung der Menschen im Leben Okwongas unmöglich macht.
Dass Musa Okwonga in Es ging immer nur um Liebe hin und wieder nur knapp am Kalenderspruch-Kitsch vorbeischrappt, fällt allerdings kaum ins Gewicht (dass Ed Sheeran im Blurb zitiert wird, ist wesentlich fataler). Denn an keiner Stelle fühlt sich Okwongas Optimismus gekünstelt oder forciert an. Und dem mag sich auch dieser Zyniker nicht widersetzen.