Matthew Griffin – Hide

Matthew Griffin - Hide

Das schwule Paar gibt es nicht. Das war lange Zeit ein gutes Totschlagargument gegen alle Rechte, die von homosexuellen Männern eingefordert wurden. Wozu die Ehe für alle, wenn der Homosexuelle schlechthin zu keinerlei Bindung fähig ist? Dabei genügt ein Blick auf den Raum der Literatur, um das Gegenteil zu beweisen. W.H. Auden und Chester Kallman, Oscar Wilde und Alfred Douglas, Christopher Isherwood und Don Bachardy, André Gide und Marc Allégret, sie alle sind Beispiele für das schwule Paar – die ihre Beziehung jedoch im Verborgenen geführt haben. Mit seinem Romandebüt Hide (Deutsch: Im Versteck, erschienen im Männerschwarm Verlag) hat Matthew Griffin ein fiktionales Beispiel und Vorbild geschaffen.

Wendell ist 83 Jahre alt, als er nach dem wöchentlichen Einkauf seinen Partner Frank im Garten findet, wo er bewegungslos auf dem Boden liegt. 60 Jahre haben sie in vollständiger Isolation, im Versteck gelebt. Denn als sie sich kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges kennenlernen, birgt das Bekanntwerden ihrer Beziehung noch echte Konsequenzen: Männer wie sie werden ins Gefängnis oder die Anstalt gesteckt. Nun droht ihr gemeinsames Leben infolge von Franks nachlassender Gesundheit und seinen zerfallenen Erinnerungen auseinanderzubrechen. Um ein gemeinsames Leben führen zu können, haben sie jegliche Bindungen zur Außenwelt, auch zu ihren Familien, gekappt. Sie leben anonym, verlassen niemals gemeinsam das Haus. Die Konsequenzen für diese Entscheidungen holen sie nun ein.

Wendell und Frank sind Figuren, wie man sie selten in der queeren Figur findet: Sie sind keine Literaten, keine Großstädter. Wendell ist Taxidermist, Frank arbeitet in einer Fabrik. Ihr Leben findet irgendwo auf dem Land in den Südstaaten der USA statt.

Aus der Sicht Wendells erzählt, bewegt sich das Buch zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Vom gesellschaftlichen Wandel bekommen die beiden wenig mit, die alten Regeln und Gefahren sind Teil ihrer Persönlichkeit, sie sind ihnen in den Leib geschrieben. Die Handlung und auch die ganz eigene Stimmung des Romans wird von seinen Symbolen und Metaphern getragen. Wie die Haut (engl. hide) der toten Tiere, denen Wendell eine Form zu geben versucht, um sie den Tod zu entreißen und das Leben festhalten zu können.

Was ist der Preis der völligen Isolation, um mit dem einen Menschen, den man liebt, zusammenleben zu dürfen? Und: Ist es das auch wert? Hide beantwortet diese Fragen wenig sentimental und wenn der Roman es doch einmal ist, hat er sich diesen kurzen Ausbruch der Gefühle wohl verdient. Hier wird ein Stück amerikanischer queerer Geschichte nachgezeichnet und Menschen ein Portrait gewidmet, die nur zu oft übersehen und vergessen werden. Hide ist unbedingt zu empfehlen.

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