Was ist neue, queere Lyrik? Dieser Frage geht Parabolis Virtualis: Neue, queere Lyrik nach, einer im Querverlag erschienenen und von Kevin Junk herausgegebenen Lyrikanthologie. Queerness überschreitet Grenzen, widerspricht sich, steht nicht still. Dementsprechend muss die Frage nach der Beschaffenheit queerer Lyrik eine vielfältige und stets neu zu verhandelnde Antwort erhalten. Auch deswegen versteht sich Parabolis Virtualis als Auftakt, denn in Zukunft sind weitere Ausgaben der Anthologie geplant.
Parabolis Virtualis versammelt 11 unterschiedliche Stimmen. Teilweise haben die Autor*innen bereits Texte in Verlagen veröffentlicht, teilweise sind sie noch relativ unbekannt. So unterschiedlich die Stimmen, so unterschiedlich die Themen. Eine äußerliche Form erhalten die Gedichte durch die Illustrationen (und Interpretationen) von Alkfaen.
Den Auftakt macht Beispiel das Gedicht ‚Lesbische Gedichte‘ von Anna Hetzer: „wie lesbisch sind deine gedichte, fragte jemand / weiß ich nicht / dachte ich, was sie so tun / wenn nicht hinseh“. Andere Texte beschreiben das körperliche Begehren oder versuchen sich der eigenen Identität über Sprache zu nähern („Es fühlt sich gelb an. / Gelb – / und es glitzert.“). Das ist mal verspielt wie die wilde Assoziationskette von ‚Bauer(n)Schwuchtel(n) cum together‘ und mal ernst.
Gerahmt wird die Anthologie ebenso von einem abschließenden Essay des Herausgebers Kevin Junk, in dem er auch die anhaltende Debatte rund um geschlechtergerechte Sprache aufgreift. Eine Debatte, in der man sich immer wieder gern darauf beruft, dass man die Regeln der Sprache nicht einfach so missachten dürfte. Parabolis Virtualis zeigt einmal mehr, dass Lyrik inhärent sprachrevolutionär ist. Seit jeher brechen Lyriker*innen die Regeln der Grammatik. So wie auch die Autor*innen von Parabolis Virtualis versuchen über das Spiel mit der Sprache ihre Identität und ihre Lebensrealität authentisch auszudrücken. In diesem Sinne ist Lyrik vielleicht immer irgendwie queer.
Parabolis Virtualis ist dank des Pocketformats klein und handlich und bietet Lyrik für Zwischendurch. Zum Schmunzeln, Stöbern und Schmökern, um sich wiederzufinden oder auch einfach um Spaß zu haben. Vergessen wir nicht, dass Queerness auch das bedeutet.