Lass uns von hier verschwinden ist die Fortsetzung von Jetzt sind wir jung, dem Debütroman von Julian Mars. Drei Jahre sind vergangen und Felix hat es mittlerweile nach Berlin verschlagen, sein Leben hat er scheinbar unter Kontrolle bekommen. Dann stellt ihm seine beste und vor allem hochschwangere Freundin Emilie eine Frage, die ihn zwingt, seine Entscheidungen und sein Leben einer Prüfung zu unterziehen. Denn die Frage ist eine fundamentale: Will er der Vater ihres Kindes sein?
Wann ist man bereit Vater zu sein? Welches Leben muss man dafür führen? Um sich diesen Fragen zu stellen, beginnt Felix wie schon im ersten Teil über die vergangenen Jahre und über die Ereignisse, die ihn an diesen Scheideweg geführt haben, zu schreiben. Dieses Mal ist es seine Schwester Anna, die ihn dazu überredet. Wenn sie als Therapeutin ihn schon nicht davon überzeugen kann, eine Therapie zu machen, kann sie ihn wenigstens dazu zwingen, sich selbst zu therapieren.
Drei Jahre zuvor, kurz nach seiner Flucht aus Hamburg, hat Felix diese Therapie bitter nötig. Er ist depressiv, verbringt den Großteil seiner Tage im Bett und vor Netflix, was er mit sich und seinem Leben anfangen soll, weiß er nicht, darüber nachzudenken, dazu fehlt ihm die Kraft. Währenddessen geht das Leben seiner Freund*innen weiter, sie alle scheinen trotz aller Widrigkeiten ihren Platz im Leben gefunden zu haben. Für Felix bedeutet das womöglich sogar, einer dieser guten Schwulen zu werden, genau das, wogegen er sich noch im ersten Teil so sehr gewehrt hatte.
Auch steht die Frage im Raum, was alles aus dieser verdammten Vergangenheit man eigentlich mit sich herumschleppen muss, um in der Gegenwart glücklich zu werden. Muss man mit der Gleichgültigkeit der eigenen Eltern leben? Gehören Besuche in Darkrooms in ein geregeltes Leben mit Kind und Familie? Und: Gehört Ex-Freund Martin in die Vergangenheit oder ist er Teil von Felix‘ Zukunft?
Das Leben ist nicht wie Netflix und doch spielt Lass uns von hier verschwinden in seiner Form immer wieder mit dem klassischen Netflix-Format. Denn Cliff-Hanger am Ende eines Kapitels, unerwartete Wendungen und ein Raster an wiederkehrenden und schrulligen Charakteren ergeben durch und durch eine ‚bingeable‘ Lektüre. Dabei ist Lass uns von hier verschwinden etwas geradliniger als sein Vorgänger, aber weiterhin rotzfrech im Ton und absolut unterhaltsam.
Im Frühjahr 2022 heißt es Abschied nehmen, dann erscheint im Albino Verlag Was wir schon immer sein wollten von Julian Mars, der Abschluss der Trilogie rund um Felix.
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