What would Buffy do? Ganz sicherlich nicht die Hoffnung verlieren, auch nicht im Angesicht der nächsten Apokalypse. Manchmal lohnt es aber trotzdem, sich vom Höllenschlund verschlingen zu lassen – und der Hoffnung eine neue Definition zu verpassen.
„Hoffnung ist unser menschliches Vermögen, uns eine Zukunft vorzustellen, die besser ist als die Gegenwart, und das Erkennen, dass wir diese Zukunft gestalten können.“
Ausgehend von dieser Definition der Hoffnung machen Christiane Stenger und Stephan Phin Spielhoff in ‚Nichts wird von alleine gut‘ eine Bestandsaufnahme der Hoffnung: Was Hoffnung ist und was sie im Laufe der (Philosophie)geschichte alles bedeutet hat, ihr desolater Zustand im Angesicht einer von Krisen gebeutelten Gegenwart und warum wir – wie es der Untertitel des Buches bereits verrät – eine neue Definition von Hoffnung benötigen, um genau diese vielfältigen Krisen der Zukunft zu meistern.
Christina Stenger und Stephan Phin Spielhoff kennen sich aus, wenn es um die Hoffnung geht, ist sie doch seit 2021 der Fixpunkt ihres gemeinsamen Podcasts ‚Hallo Hoffnung!‘. Die dort geführten Gespräche sind die Grundlage für ‚Nichts wird von alleine gut‘, ein Buch, welches besonders durch seine Praktikabilität besticht im Angesicht der Verzweiflung, die viele im Angesicht der Weltlage anheimfällt: die Klimakrise, das Erstarken rechter und faschistischer Kräfte weltweit und die damit einhergehenden Angriffe auf LGBTQ+-Rechte – insbesondere von trans Menschen (um nur ein paar der aktuellen Krisen zu nennen).
Wer von uns hat die Gespräche noch nicht geführt, über die Frage, warum es Politik und Gesellschaft „so schwerfällt, strukturell, gesellschaftlich und emotional auf die Herausforderungen angemessen zu reagieren“ und wer von uns hat sie noch nicht verspürt, die Apathie, Hilf- und Machtlosigkeit im Angesicht dieser Fragen, auf die es keine einfachen Antworten zu geben scheint? Und gerade weil sein Ansatz so niederschwellig und praktikabel ist, wird ‚Nichts wird von alleine gut‘ einigen dieser Verzweifelten einen Weg aus der Apathie zeigen.
‚Nichts wird von alleine gut‘ ist keins der Bücher, die ich üblicherweise besprechen würde, könnte mensch meinen. Doch gibt es – zum einen – ein Kapitel, welches sich anhand der Kultserie ‚Buffy the Vampire Slayer‘ der Frage widmet, wieso es sich auch lohnen kann, die Hoffnung zu verlieren. Und wer mich (der Autor dieser Rezension, Anm. d. Red.) etwas kennt, weiß, dass ich tatsächlich alt genug bin, um bei der deutschen Erstausstrahlung des Pilotfilms auf Pro7 an einem Freitagabend im Oktober 1998 live dabei gewesen zu sein. Mensch könnte ebenso wissen, dass ich ein derart großer Fan dieses Kultklassikers bin, dass ich zu Beginn meines Studiums der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft meine äußerst klassisch orientierte Dozentin davon überzeugen konnte, meine allererste Hausarbeit über diese Serie zu schreiben. Kurzum: Jede*r die*der in den späten 90er und frühen 00er Jahren eine Schule besucht und sich irgendwie ‚anders‘ gefühlt hat, konnte sich vermutlich mit der prägenden Metapher der Serie ‚Highschool is hell‘ identifizieren und weiß, wie (überlebens)wichtig diese Hoffnung spendende Serie und ihre selbstverständlich lesbische Figur Willow für viele von uns gewesen ist. Aber ich schweife vom Thema ab.
Denn zum anderen – und viel wichtiger – thematisieren Stenger und Spielhoff auch die AIDS-Epidemie und die Strategien der ACT UP (AIDS Coalition to Unleash Power) Aktivist*innen gegen die politische Apathie und inwiefern diese sich auf die Gegenwart übertragen lassen. Im Zentrum steht dabei Sarah Schulmans Monumentalwerk ‚Let the Record Show: A Political History of ACT UP, 1987-1993‘, in welchem sie auf über 700 Seiten darlegt, wie der New Yorker Zweig Menschen mit den unterschiedlichsten Hintergründen zusammenbrachte, um einen politischen Wechsel herbeizuführen. Natürlich bietet dieses Kapitel einen recht oberflächlichen Überblick der politischen Aktionen von ACT UP, das ändert (IMHO) aber nichts daran, wie wichtig die Darstellung in einem Buch wie diesem ist, gerade weil es sich an ein breites Publikum richtet, welches wahrscheinlich noch nie etwas von ACT UP gehört hat. Nicht nur, weil das Buch an einen oft vergessenen Teil queerer Geschichte erinnert, sondern vor allem, weil die Geschichte von ACT UP zeigt, dass für einen politischen Kurswechsel oftmals strategische Bündnisse zwischen Menschen notwendig sind, die ein gemeinsames Ziel verfolgen, jenseits von diesem aber in der Regel sehr gegensätzliche Perspektiven auf die Welt haben.
Für Massive Attack sang Elizabeth Fraser einst, „Love, love is a verb / Love is a doing word”. Gleiches gilt laut Christine Stenger und Stephan Phin Spielhoff auch für die Hoffnung. Deswegen schreiben sie in ‚Nichts wird von alleine gut‘ gegen die Apathie an und imaginieren innerhalb vom Raum des Machbaren eine Zukunft, die sich von dem System löst, das uns alle kaputt macht und voneinander isoliert. Oder um es mit den pathosbeladenen Worten Buffys zusammenzufassen: „There is only one thing on this earth more powerful than evil. And that’s us.“