Eine kurze Ode an den März Verlag

Eine kurze Ode an den März Verlag

immer radikal, niemals konsequent“ – Mit diesem Motto fasst der März Verlag sein Programm äußerst treffend zusammen. Wenig verwunderlich, denn die Coolness dieses Verlags erstreckt sich über alle Ebenen: ausgehend von den beiden Verleger*innen Barbara Kalender und Richard Stoiber (deren Coolness-Faktor unerreichbar bleiben wird), über die herausgegebenen Texte und ihre Autor*innen, bis hin zur Gestaltung der jeweiligen Bücher. Oder um es ganz zeitgemäß zu sagen: März Verlag IS brat.

Der März Verlag ist nicht explizit queer, queere Bücher sind jedoch eine Selbstverständlichkeit im Verlagsprogramm. Mehr als das, es sind radikale queere Texte, die hier erscheinen und vermutlich in keinem anderen deutschen Verlag ein Zuhause finden würden – aus dem einfachen Grund, dass es sich kein anderer Verlag trauen würde (wie es z.B. Nora Zukker für den Tagesanzeiger bzgl. Katharina Volckmers ‚Hallo,mein Name ist Jimmie, was kann ich für Sie tun?‘ schreibt).

Die hier erscheinenden Texte erzählen keine Geschichten über Vorzeige-Queers, die man leicht gernhaben kann. Das Motto an dieser Stelle könnte lauten: Sex, Drugs and Rock’n’Roll. Es sind Texte, die über gesellschaftliche Tabus sprechen (wie ‚KOMA‘ von Leonie Ott und Mazlum Nergiz), über lesbisches Begehren (‚Power Bottom‘ von Evan Tepest), queere Körperlichkeit (‚Phyical‘ von Andrew McMillan) oder aber Texte, die von Menschen erzählen, über die niemand sprechen will (wie Katharina Volckmers ‚Hallo, mein Name ist Jimmie…‘). Aber auch Kultklassiker wie Kathy Ackers ‚Bis aufs Blut: Zerfleischt in der High School‘ von Kathy Acker werden hier einem deutschsprachigen Publikum zugänglich gemacht – und moderne Klassiker, wie das im Herbst erscheinende ‚Die Liebe vereinzelter Männer‘ des Brasilianers Victor Heringer. Auch formal darf dieses Programm immer radikal, aber niemals konsequent genannt werden, denn das queere Programm des März Verlags umfasst neben Romanen auch Essays, Graphic Novels und Lyrik.

Der Verlag wie er in seiner jetzigen Form seit März 2022 von Barbara Kalender und Richard Stoiber geführt wird, ist eine Neuauflage des ursprünglich 1968 gegründeten Verlags. Und auch wenn sich meine Perspektive auf queere Literatur konzentriert, soll an dieser Stelle doch hervorgehoben werden, dass sich die Radikalität Verlags seit jeher auf das gesamte Programm erstreckt (das sei der Vollständigkeit halber gesagt, nicht um irgendwelche Hierarchien zu reproduzieren).

Kleine, unabhängige Verlage wie der März Verlag gehören genau deswegen in Wahrheit zu den großen: Sie sorgen dafür, dass die Bibliodiversität der deutschen Verlagswelt erhalten bleibt. Es sind diese Verlage (und selbstverständlich ihre Autor*innen), die das Lesen aufregend, ja, zu einem Wagnis machen. Hier gibt es die Texte, die uns nicht in vermeintlicher Sicherheit wiegen, sondern uns durchrütteln, uns das Gefühl geben, lebendig zu sein.

Wenig verwunderlich ist also, dass der März Verlag auch dieses Jahr mit einem Buch auf der Hotlist der unabhängigen Verlage vertreten ist: Katharina Volckmers ‚Hallo, mein Name ist Jimmie, was kann ich für Sie tun?‘. Warum das Buch lesenswert ist und eure Stimme für die Hot List verdient, habe ich an anderer Stelle bereits ausführlich geschrieben. Dieser Text soll nicht bedeuten, dass Jimmie eure Stimme verdient hat, weil der März Verlag großartig ist. Vielmehr möchte ich hervorheben, dass ein im März Verlag erscheinender Text per Naturgesetz nicht schlecht sein kann. Deswegen: Erfüllt eure Pflicht als Leser*innen! Go vote! Katharina Volckmer, Jimmie und der März Verlag haben es mehr als verdient.

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