„erst kürzlich ging ein video viral / das zeigt sie auf der bühne mit madonna / öffnet ihre büchse, drückt play“
Wenn Pandoras Playbox erklingt, erfahren wir von den wichtigen Dingen im Leben, von der Kunst, der Anatomie und der Erotik. Es geht um lesbisches Begehren, um das Aufbrechen patriarchaler Mythen rund um Figuren wie Elektra, Jean d’Arc, der 13. Fee aus Dornröschen, Aphrodite, und um die Frage, warum es ein echtes Wunder ist, dass Maria und Kind die erste Nacht so ganz ohne Hebamme und nur in Anwesenheit der nutzlosen drei heiligen Könige überlebt haben.
Pandoras Playbox ist bereits der dritte Gedichtband von Anna Hetzer (illustriert von Katja Hoffmann), zuvor sind bereits Zwischen den prasselnden Punkten (2016) und Kippbilder (2019) im Verlagshaus Berlin erschienen. Aufgeteilt in drei Bereiche – Ars, Anatomie und Eros – betrachten die Gedichte die Welt aus einer lesbischen Perspektive, um eine Realität abseits von patriarchalen Narrativen auszuloten.
Hetzers Gedichte sind voller Wortspielereien wie beispielsweise in ‚Doktoren‘, wo aus hysterischen Krisen ganz schnell historische Krisen werden, um die Panik rund um die weibliche Sexualität zu offenbaren. Warum hingegen aus dem Hymen eine Hymne wird, ist in diesem Kontext vermutlich offensichtlich, deswegen aber nicht weniger amüsant und seltsam berührend zu lesen.
Die Gedichte spielen mit den gängigen Bildern der weiblich gelesenen Anatomie, nur um sich gleich wieder von ihnen abzuwenden, spielen mit den Bildern eines Allen Ginsbergs, nur um zu dem Schluss zu kommen, dass Marmor sich nicht für Diana eignet. Sie stellen die Väter bloß, allwissend in jeder Hinsicht bis auf dieser.
Indem Hetzer die verschiedensten Figuren aus der westlichen Mythologie in ihre Gedichte verwebt, erschafft sie ein eigenes kleines Archiv, einen Kanon und damit auch Wissensproduktion. ‚Wo war Marias Hebamme‘ zeigt, dass Marias Niederkunft scheinbar reine Männersache war: „sind die drei könige mit goldener saugglocke angereist / haben sie eine myrrhetinktur zur wundheilung angerührt / ihre nerven mit weihrauch betäubt?“
Wie würde diese Geschichte aussehen, wenn sie nicht von Männern erzählt worden wäre, was könnten wir erfahren, wenn wir eine andere Perspektive zulassen?
In diesem Sinne bietet Anna Hetzer ihren Leser*innen aber auch ein Arsenal an Figuren, mit denen sie sich identifizieren können, das eigene Empfinden womöglich auch besser verstehen und auf eine eigene Entdeckungsreise gehen können: „Komm, wir machen Homopropaganda.“
Die Gedichte in Pandoras Playbox sind wütend, vor allem aber humorvoll, cool und lässig wie Risk Hazekamp. Oder auch wie ihre Autorin selbst.