Adriano Sack – Noto

Adriano Sack - Noto

Seit dem Tod seines langjährigen Partners wird Konrad von einer bestimmten Frage verfolgt. Freunde, Familie Bekannte, sie alle wollen wissen: Wie geht es weiter? Um ihr zu entkommen, flüchtet Konrad an den Ort ihres Lebens, ihr Haus auf Sizilien. Mit im Gepäck hat er Adrianos Mitbewohner Santi und versteckt in einer Rasiercremedose einen Teil von Adrianos Asche.

Der Debütroman des Journalisten Adriano Sack ‚Noto‘ erzählt von der Liebe zweier Männer, die sich zwischen Berlin, Rom und Sizilien abspielt. Liest man im Klappentext die Biografie des Autors könnte man meinen, der Roman sei autofiktional, spielt sich doch auch das Leben von Adriano Sack und seinem Partner zwischen diesen Stationen ab. Doch im Roman ist es der Schriftsteller Adriano, der stirbt – der Tod des Autors sozusagen. Der Roman ist – trotz der Schwere seines Themas – voller solch unauffälliger Spielereien.

Noto‘ ist ein Buch über Trauer und wir diese in Form einer Geschichte verarbeiten. Konrad beginnt auf Anraten seiner Therapeutin zu schreiben, über die Menschen und Freundschaften auf Sizilien, Rom und Berlin, über die Landschaften und Geschichten der Gegend, aber letzten Endes auch über die darunter liegenden Fragen: „Was fühle ich dabei? Was hat das mit meiner Liebe zu Adriano zu tun? Wo ist der Schmerz, wo ist der Trost?“ Doch auch der Verstorbene mischt sich in die Geschichte ein. Konrad kann seine Stimme auch nach seinem Tod noch hören, die eigene Identität muss neu verhandelt werden. Wo endet die Beziehung und wo beginnt man (nach all den Jahren) selbst?

In Sizilien angekommen bedeutet für Konrad Trauer aber erst einmal die Flucht in die Banalitäten des Alltags, eine Liebelei mit dem sexuell unbestimmten Santi und letzten Endes eine Dekonstruktion des bisherigen Lebens und einer Beziehung, die ein plötzliches und unwiderrufliches Ende gefunden hat. In der Bestandsaufnahme des bisherigen Lebens tritt ein klares Bild des Verstorbenen hervor, in ihn „war man immer ein bisschen unglücklich verliebt“.

Sizilien als Hintergrund steht symbolisch für diese Beziehung: auf der einen Seite die wilde Natur, das gute Essen und die Menschen, auf der anderen Seite der Müll, der Gestank und die Korruption – und am Ende die Erkenntnis: Es gibt kein Paradies. Ganz nebenbei ist ‚Noto‘ aber auch ein schelmischer Roman über deutsche Expats, die sich im (scheinbaren) Paradies ihre Lebenslügen weiter erzählen können und so ist die Insel auch die Spielstätte von bisexuellen Cowboys, lesbischen CDUlerinnen und Gwyneth Paltrows Goop Imperium. Adriano Sack erzählt sich auch nicht davor, augenzwinkernd die Biographie seiner beiden Protagonisten auseinanderzunehmen, gehörten die beiden in den 90ern doch (zumindest teilweise) zur Berliner It-Crowd, nur um es sich jetzt in gutbürgerlichen Verhältnissen bequem gemacht zu haben.

Adriano Sack hat mit ‚Noto‘ einen auf den ersten Blick sehr ruhigen und direkt erzählten Roman über Trauer, Liebe und Sizilien geschrieben und einen Ton gefunden, der ganz ohne große Effekte auskommt, deswegen aber umso feinfühliger ist und für dessen leisen Humor man sich kein bisschen fremdschämen muss. Auf seinen insgesamt 333 Seiten bietet ‚Noto‘ von Anfang bis Ende beste Unterhaltung.

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