Achy Obejas – Memory Mambo

Achy Obejas - Memory Mambo

Ein Schritt vor, zwei Schritte zurück. Das ist der Memory Mambo, der Tanz um die Erinnerung, den Kern der Wahrheit, der einem Mythos gleicht. Denn wenn gesungen wird, darf jeder seine eigene Strophe hinzudichten.

Juani lebt mit ihrer Familie in Chicago. Ihre Familie, das sind größtenteils Cousins und Cousinen des Bluts und Cousins und Cousinen des Exils. Sie alle stammen aus Kuba und haben ihre eigene Haltung gegenüber Fidel Castro und der Revolution. Genauso zwiegespalten ist ihr Verhältnis zur Wahrheit und der eigenen Familiengeschichte. Welche Version einer Geschichte ausgepackt wird, kommt immer ein bisschen darauf an, wer sie erzählt, wer zuhört und welche Ressentiments innerhalb der Familie mal wieder aktuell sind. Kein Wunder also, dass es Juani mit ihren 24 Jahren schwer fällt, Stellung zu beziehen.

Juani ist abhängig von den Erinnerungen ihrer Familie, die ihr Leben und ihre Identität geprägt haben. Aber was bedeutet das, wenn man den Erinnerungen nicht trauen kann, wenn man sich an Dinge erinnert, die einem nur erzählt wurden, die unmöglich wahr sein können? Für Juani bedeutet das erst einmal Stillstand, weiterhin im Waschsalon der Familie zu arbeiten, in dem sie nicht wirklich gebraucht wird, und das Leben ihrer Familie zu beobachten.

Da wäre Pauli, die sich den Konventionen der traditionellen Familie entzogen hat und Fragen zum Vater ihres unehelichen Kindes unbeantwortet lässt. Ihr Gegenüber steht Caridad, die, egal wie oft ihr Mann Jimmy sie auch schlägt, stets zu ihm zurückkehrt. Und auch auf Juani nimmt Jimmy einen unheimlichen Einfluss, denn in ihm glaubt sie etwas zu erkennen, was sie in sich selbst fürchtet. Und diese Furcht ist es auch, warum Juani so lange zu Gina schweigt, der Frau, die sie liebt. Warum ihre eigenen Erinnerungen von einer Geschichte zu überschrieben werden drohen.

Achy Obejas Memory Mambo, 1996 erschienen, ist Literatur, die gleichermaßen fesselt und frustriert. Das liegt vor allem daran, dass der Roman sich einer einfachen Auflösung seiner Handlung entzieht, wie man es von Literatur oft erwartet. Aber auch weil sich das Ende des Romans an einem Ausbruch der Gewalt entfacht – einer Episode, die nichts über den Akt der Gewalt selbst sagen will, sondern mehr über das Motiv der Erinnerung. Das wirkt voyeuristisch und unnötig brutal und hinterlässt einen faden Beigeschmack. Wie auch im echten Leben herrscht am Ende mehr Unheil als zu Beginn. Das ist der Memory Mambo, ein Schritt vor, zwei Schritte zurück.

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