Danton Remoto – Riverrun

Danton Remoto - Riverrun

In my dream Luis was about to say something, some words I would hold on to in the summer of my departure. I would soon leave the province and follow my parents who now lived in Manila-ahhh, mad, maternal Manila. In the fever of a summer afternoon I wanted to store some images and words that would have the weight, the depth, of the first rains of May. The first rains of May falling in exuberance over the land, a crystalline cascade waking up everything- grass, leaf, sky, even the very air—from the languorous sleep of summer.

Riverrun‘ von Danton Remoto zeigt vignettenhaft das Leben eines jungen schwulen Mannes in der Marco-Diktatur – von der Kindheit bis ins Erwachsenenalter, vom ländlichen Florindablanca zum kosmopolitischen London, in einem Fluss der Erinnerungen, die klar und hell sind, in einer Realität, in der Tragik und Komik oft nahe beieinander liegen.

Danton Remoto erzählt in seinem ursprünglich 2015 erschienenen Roman Banales wie Alltägliches, so banal und alltäglich, wie das Aufwachsen in einer Diktatur nun einmal sein kann. Er erzählt vom ersten Fernseher der Familie, von den Rezepten und Märchen seiner Großmutter, Besuchen auf der Kirmes, aber ebenso von der philippinischen Revolution gegen Spanien, die Gräueltaten des US-Militärs, dem Diktat der englischen Sprache gegenüber den einheimischen Sprachen, den hanebüchenen Ideen der First Lady, um dem Land wirtschaftlichen Aufschwung zu bereiten, und wie der Präsident und seine Familie, die Natur, das Land und seine Bevölkerung ausbeuten.

In die einzelnen Vignetten, oft nicht länger als zwei bis fünf Seiten, fließen immer wieder die Erzählungen anderer Figuren. Das erinnert an mündliche Erzähltraditionen und evoziert die Geschichte von 1001 Nacht, genauer gesagt die Geschichte von Scheherazade, die jede Nacht Geschichten erzählen muss, um das eigene Leben zu retten – so wie auch, Danilo, der Protagonist in gewisser Weise das eigene Leben zu retten versucht. Denn sind nicht auch wir nichts anderes als die Ansammlung unserer Erinnerungen?

Da ist es kein Wunder, dass zu Beginn des Romans ein Kapitel steht, in welchem Danilo das Lesen von seiner Mutter, einer Lehrerin, beigebracht bekommt. Ja, auch weil Danilo später wie auch Danton Remoto Schriftsteller werden will, aber auch weil am Anfang das Wort steht, und dieser Text so wie auch Blaise Campo Gacoscos in seinem zuvor vorgestellten Roman ‚Der Junge aus Ilocos‘ vom Einfluss der katholischen Kirche erzählt. Auch hier ist die soziale Herkunft der alles entscheidende Faktor, eine Herkunft, der man mit Fleiß und Gehorsamkeit zu entkommen versucht.

Riverrun‘ ist in einer wunderschönen Sprache geschrieben, die ganz natürlich wie ein stilles Gewässer natürlich vor sich hinplätschert und die Erinnerungen an die Diktatur und ihre teilweise abstrusen Auswüchse wie einen Traum wirken lassen, nur um Lesende in einem Moment der Unaufmerksamkeit mitzureißen, die Grausamkeit des Regimes und der menschgemachten (Natur)katastrophen aus den Tiefen der Fluten aufsteigen zu lassen und sie in dieser schönen und umso grausameren Sprache zu ertränken.

Danilos Homosexualität ist ein stilles, unausgesprochenes und nur in Träumen ausgelebtes Begehren. Remoto beschreibt dieses Begehren während der Diktatur als Schnittpunkt zwischen Katholizismus und Militarismus. Das ändert sich erst, als Danilo ein Auslandsstudium in London beginnt. Hier liest er ‚A Boy’s Own Story‘ von Edmund White (auf Deutsch ‚Selbstbildnis eines Jünglings‘, übersetzt von Benjamin Schwarz), eine beinahe universelle Erfahrung schwuler Männer, und beginnt die queere Community zu erkunden. Trotzdem verwehrt sich Remoto und auch der Roman dem westlichen Narrativ eines Coming Outs.

Danton Remoto vollbringt es, mensch mit der Stille und Eleganz seiner Sprache einzulullen, nur um im nächsten Moment, diese wie die schönste aller Schlinge über den Kopf seiner Leserschaft gleiten zu lassen. ‚Riverrun‘ ist ein Coming-of-Age Roman, der nur von den Erinnerungen seines Protagonisten erzählt, sondern auch vom kollektiven Gedächtnis eines ganzen Landes.

Danton Remoto lehrt kreatives Schreiben an der Nottingham Malaysia Universität. Er ist der Autor mehrerer Romane, Lyrikbände, Kurzgeschichten und Sachbücher.

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