Was folgt auf das Träumen? Das Hoffen. Emine ist ein junges muslimisches Mädchen und wohnt in einem konservativen Dorf in Jugoslawien. Das Land gibt es noch, denn wir schreiben das Jahr 1980. Sie steht früh auf, arbeitet auf dem Land ihrer Eltern und geht zur Schule. Sie träumt von einer anderen Zukunft, von einer Karriere als Schauspielerin. Schnell wird ihr aber bewusst, dass Mädchen wie sie eine andere Rolle zu spielen haben. Also beginnt sie zu hoffen. Dass der junge Bajram, der um ihre Hand anhält, ein guter Ehemann sein wird, dass sie die Rolle der Ehefrau gut spielen wird. Doch der Traum platzt bereits während der Hochzeitsfeier, das Land beginnt auseinanderzufallen und schon bald wird die junge Familie in das fremde Land Finnland flüchten.
30 Jahre später: Bekim, Emines Sohn, fristet sein Leben als Migrant in Isolation, hin und wieder lädt er Männer zu sich ein, die er in Onlineforen kennenlernt. Er geht Menschen aus dem Weg, wenn er denn nach seinem Namen gefragt wird, nennt er einen falschen Namen, um die Frage seiner Herkunft nicht beantworten zu müssen. Seine Einsamkeit teilt Bekim lediglich mit einer Boa Constrictor, die sich trotz seiner Angst vor Schlangen frei in seiner Wohnung bewegt. Doch dann lernt er die Katze in einer Bar kennen. Cher singt. Glaubt er an das Leben nach der Liebe? Es ist um Bekim geschehen und er nimmt die Katze mit zu sich zu nach Hause. Schnell stellt sich aber heraus: Die Katze ist nicht nur sexy, sie ist arrogant, fremdenfeindlich und homophob.
My Cat Yugolavia von Pajtim Statovci erzählt die Geschichten von Emine und Bekim parallel. Es ist eine Geschichte über Zugehörigkeit und Migration und die Frage, was Heimat bedeutet, wenn eine Rückkehr irgendwann unmöglich wird. Jugoslawien und das, was später aus dem Land wird, stehen unwiderruflich mit dem Trauma des Krieges in Verbindung. Doch genauso zwiegespalten ist das Verhältnis – für Emine und für Bekim – zu Finnland, wo jede Geste und jedes Wort verurteilt wird und selbst der eigene Name zum Verräter werden kann.
Der Roman ist stellenweise bizarr und verwunderlich. Wie in einem Murakami bricht das Fantastische in die Welt ein, ohne erklärt zu werden. Dabei verliert Statovci aber nie die Lebensrealität von Migranten aus den Augen. Ganz unsentimental zeigt er, dass es manchmal dauern kann, das eigene Glück zu finden und dass es nicht so aussehen muss, wie man es sich erträumt hat.
Ja, hin und wieder scheitert der Roman an seinen eigenen Zielen, was man ihm aber nie vorwerfen kann, ist je langweilig oder vorhersehbar zu sein. Pajtim Statovcis My Cat Yugoslavia ist ein vielversprechendes Debüt. Alles, was noch fehlt, ist ein deutscher Verlag, der das finnische Original ins Deutsche übersetzt.